Deutsche in Ungarn

- Geschichtlicher Überblick -

 

König Stephan  I. (997 - 1038) - 1. König der Ungarn - macht in einer Vermächtnisschrift seine Nachfolger darauf aufmerksam, sein Ansiedlungswerk fortzusetzen, da Einwanderer verschiedene Sprachen, Sitten, Lehren und Waffen nach Ungarn mitbrächten.

Im 12. Jahrhundert wird Ungarn zum wichtigsten Gastland für abendländische Kolonisten. So kamen Siedler aus dem Rheinland, Moselfranken, Franken, Luxemburg, Thüringen. Auf diese Einwanderer gehen die wichtigsten deutschen Siedlergruppen, die Zipser am Fuße der Tatra, die Siebenbürger Sachsen im Karpatenbogen, sowie die deutsche Ansiedlung im Westen Ungarn zurück. Diese Siedler erhielten Privilegien. Im Gegenzug waren die Siedler zur Hilfe im Kriegsfall und zur Steuerzahlung verpflichtet.
Die Erwartungen erfüllten sich. Die deutschen Siedler trugen im entscheidenden Maße zur wirtschaftlichen Erschließung des Landes bei und bewährten sich auch bei der militärischen Abwehr gegen die osmanischen Türken.
Im 15. Jahrhundert wurde das ungarische Reich durch dynastische Kämpfe geschwächt. So konnte man dem Druck nicht mehr standhalten. Das ungarische Heer wurde am 29.August 1526 in der Schlacht bei Mohács vernichtend geschlagen. Ungarn wurde daraufhin in drei Teile aufgeteilt. Dadurch ging die deutsche Siedlung im Innern Ungarns unter.
Im 17. Jahrhundert machte sich die Heilige Allianz ( Russisches Reich, Habsburgische Monarchie ) den Niedergang des osmanischen Reiches zunutze. 1683 wurde die Belagerung Wiens erfolgreich zurückgeschlagen. 1686 Buda befreit. So begann die Rückeroberung Ungarns. 1718 wurde der Friede von Passarowitz geschlossen, somit war die Befreiung Ungarns abgeschlossen und die Voraussetzung für die neuzeitliche Kolonisation geschaffen.

In mehreren Wellen, den sogenannten Schwabenzügen, 1723-26/  1763-73/  1782-87 wurde das Land planmäßig besiedelt. Die Siedler wurden im gesamten südwestdeutschen Raum angeworben.

So entstanden Siedlungsschwerpunkte:

  • das ungarische Mittelgebirge vom nördlichen Ufer des Plattensees bis zum Donauknie
  • die Schwäbische Türkei zwischen Plattensee Drau und Donau
  • die Batschka zwischen Theiß und Donau
  • das Banat zwischen Theiß, Marosch und Donau
  • das Gebiet um Sathmar
  • die Gebiete Slawonien und Syrmien

 

Deutsche Siedlungen ( aus die Donauschwaben, S.39)

Reisemodalitäten:

Der Reiseweg nach Ungarn bestand aus zwei Etappen:  Die eine vom Heimatort bis Wien, die zweite von dort bis zum Ansiedlungspunkt. Die erste war die eigene Angelegenheit der Kolonisten, die zweite wurde von den österreichischen und ungarischen Staatsbehörden/ Grundherren finanziert und kontrolliert.

Den größten Teil der Reise machten die Kolonisten auf der Donau. Wegen der leichten und unbeholfenen Bauart der flachen Boote ( Ulmer Zillen oder Plätten, Regensburger Kehlheimer ) waren die Kolonisten auf der schwierigen Donaustrecke oft in Gefahr. Stromschnellen und häufiges Hochwasser  machten die Reise beschwerlich.

Ulmer Schachtel

Sammelplätze der Auswanderer waren Ulm, Günzburg und Regensburg. Die Schiffe fuhren nach einem festen Fahrplan, wöchentlich jeden Sonntag.

Von Ulm brauchte man bei gutem Wetter etwa 6 bis 9 Tage bis Wien. Bei schlechtem Wetter 12-14 Tage. Die meisten Kolonisten wählten zur Abfahrtszeit die Monate Mai und Juni, da die Witterung dort am günstigsten war.

Für die Reise zahlte man üblicherweise einen Kreuzer je Meile und Kopf. In Wien erhielten die Kolonisten ihr Reisegeld und wurden für die  einzelnen Gebiete verteilt.

 

Zunehmende Magyarisierung

 

Die neuen Siedler bekamen aber keine rechtlichen und verwaltungsmäßige Eigenständigkeit. Die liberale Grundhaltung sollte bald aufgegeben werden.

  • 1879 wurde Magyarisch als Pflichtfach im Schulunterricht eingeführt.
  • 1898 musste der magyarische Ortsnamen verwendet werden.
  • 1907 wurde ein Schulgesetz verabschiedet, das die Anerziehung eines ungarischen Nationalitätengefühls   festschrieb

So wurde die im Mittelalter vertretene Auffassung, wonach die Vielfalt des Rechts, der Sitten und Sprachen die Stärke des Landes ausmachen durch eine ethnische, uniformistische,  nationalstaatliche Idee ersetzt.

 

Die Zeit von 1918 - 1945

 

Das Ende des 1. Weltkrieges brachte die Auflösung der österreichisch - ungarischen Monarchie mit sich.  Ungarns Grenzen wurden neu festgelegt:

  • Siebenbürgen fiel an Rumänien

  • das Banat fiel größtenteils an Rumänien

  • die Batschka fiel zum größten Teil an Yugoslawien

  • das Burgenland kam 1921 zu Österreich

 Die deutsche Bevölkerung war im wesentlichen auf drei Gebiete verteilt:

  1. Schwäbische Türkei

  2. das ungarische Mittelgebirge

  3. ein schmaler Streifen entlang der österreichisch-ungarischen Grenze

So betrug der Anteil der deutschen Bevölkerung noch 7%.

 

In den nächsten Jahren versuchte man ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl unter den "Schwaben" zu schaffen.

1924 wurde der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein geschaffen.

1938 wurde der Volksbund der Deutschen in Ungarn gegründet (VDU)

1940 wurde der Schutz des deutschen Volkstums in die Hände des Führers gelegt. Es folgte die Gleichschaltung aller deutschen Vereine und Organisationen sowie die Einreihung ca. 30000 Volksdeutscher aus Ungarn in die Waffen-SS. Damit war die deutsche Bevölkerung in sich gespalten. Da die Hälfte der Bevölkerung dem VDU verbunden war, war auch die andere Hälfte auf Gedeih und Verderben mit dem Schicksal des nationalsozialistischen Deutschen Reiches verbunden.

 

Die Zeit nach 1945

 

Am Ende des Krieges wurden mindestens 30000 Deutsche in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit deportiert.

Ein weiterer Teil wurde aufgrund des Umsiedlungsplans der Potsdamer Konferenz, bei dessen Zustandekommen Ungarn aktiv war, nach Deutschland ausgewiesen. Darunter fielen die Menschen
  • die sich bei der letzten Volkszählung 1941 zur deutschen Nationalität oder Muttersprache bekannt hatten
  • die Magyarisierung ihres Namens rückgängig gemacht hatten
  • die Mitglied im Volksbund oder der SS waren

Im Laufe des Jahres 1946 wurden etwa 180000 Deutsche in die amerikanische Besatzungszone ausgewiesen.

1947/48 noch einmal ca 50000 in die sowjetische Besatzungszone.

1949 erfolgte eine Generalamnestie, 1950 wurde die Einstellung der " Aussiedlung" und die Gleichstellung auch der Bewohner deutscher Nationalität mit den ungarischen Staatsbürgern verkündet.

Eine wirkliche Umwälzung erfolgte aber erst in den 80 Jahren. Es erfolgte eine verstärkte Förderung des Unterrichts in deutscher Sprache.

Der bedeutendste Schritt erfolgte 1989 nach der Öffnung der Grenzen zu Österreich und die Aufnahme Ungarn in den Europarat.


Quelle: Schriftenreihe Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg. Die Deutschen und ihre Nachbarn im Osten. Geschichte und Gegenwart. Heft 2.                                   

Die Deutschen in Ungarn. Historische und kulturelle Verflechtungen. Auswandern - ansiedeln - zusammenleben

 

Zurück zu Ferienhaus

Home